Sola Soft – Ein Online-Bestellsystem für regionale Direktvermarkter mit dem Potenzial zum Aufbau eines regionalen Lieferdienstnetzes

Fabian Schrattenholz aus Schnorbach hat ein Online-Bestellsystem entwickelt, das Landwirten und anderen Produzenten die Vermarktung ihrer Ware vereinfachen soll. Wie das genau funktioniert, erfahrt ihr in diesem Interview. Viel Freude beim Lesen!

Hallo Fabian Schrattenholz. Stell dich doch bitte kurz vor und erzähle den Hunsrückern, was dich zu Sola Soft bewogen hat.
Als Sohn von zugezogenen Städtern, meine Großeltern kommen aus Berlin und ich bin in Mainz geboren, wuchs ich in Schnorbach auf. Sowohl meine Eltern, als auch meine Großeltern waren politisch und gesellschaftlich interessiert. Meine Großmutter war z.B. im Hunsrücker Tauschring sehr engagiert und sie ist einigen Menschen, denen ich nun über meine Arbeit mit Sola begegne, in Erinnerung geblieben. Das ist ein schönes Gefühl, ab und an Großmutters Pfade zu kreuzen.

Ich bin Papa eines kleinen Jungen. Nicht zuletzt befeuert er meinen Wunsch nach einer intakten Natur, gesunden Nahrungsmitteln und funktionierenden regionalen Strukturen.

Ich liebe die Natur, die Wälder und Bäche im Hunsrück und verbringe dort gerne meine Freizeit mit Freunden und Familie, aber auch mal alleine, um zur Ruhe zu kommen. Neben dem Softwareprojekt Sola, baue ich als ein weiteres Standbein Leuchten und Möbel aus Naturmaterialien und bin damit unter anderem auch auf den Hunsrücker Handwerkermärkten (Neuerkirch, Schlierschied, etc) anzutreffen.

Ich bin überzeugt davon, dass wesentlich mehr Menschen regional und nachhaltig einkaufen würden, wenn die Produkte besser erreichbar wären. Letztendlich unterstützt man damit ja das eigene Umfeld und kann sich besser mit seiner Heimat identifizieren.  Eine schöne Alternative zum globalisierten, weitestgehend anonymisierten Markt und eine Rückbesinnung auf Qualitätsbewusstsein und eine Lebensweise, die die kleinen regionalen Strukturen erhält und fördert.

Fabian Schrattenholz aus Schnorbach

Erkläre uns, was du genau machst.
Ich entwickle ein Online-Bestellsystem, dass auf die speziellen Bedürfnisse von regionalen Direktvermarktern zugeschnitten ist und den Direktvertrieb der eigenen Produkte erleichtert. Oft werden in den kleinen Betrieben Bestellungen von Hand aufgenommen oder kommen in den verschiedensten Formaten (Fax/E-Mail/Telefon) an. Das alles zu verarbeiten, bedeutet einen sehr hohen Zeitaufwand, den man sich mit dem Bestellsystem sparen kann.

Die erste Version des Bestellsystem ist mit dem Hof Lehnmühle in Dörrebach entstanden und deckt, was die Produktkonfiguration angeht, die besonderen Anforderungen von Landwirten ab. Prinzipiell kann das System aber jeder einsetzen, der Produkte online präsentieren und vertreiben möchte.

Zu Anfang bestand die Aufgabe des Systems tatsächlich nur darin, die Produkte zu präsentieren und Bestellungen entgegenzunehmen. Bezahlt wurde bei Abholung vor Ort. Mittlerweile kann auch online bezahlt werden. Ein recht ausgetüfteltes Lieferrouten-System ermöglicht Bestellungen nach Hause oder z.B.  auch in Sammel-Depots, wenn zum Beispiel eine Dorfgemeinschaft ihre Einkäufe zusammen an einem bestimmten Ort im Dorf annehmen möchte.

Wie kamst du eigentlich auf die Idee?
Ich habe eine Zeit lang auf dem Demeter Hof Lehnmühle in Dörrebach ausgeholfen. Im Zuge eines Generationswechsels sprach mich Sophia Falk an, ob ich nicht die Webseite neugestalten könnte; mit Bestellformular. Aus dem Bestellformular wurde ein Online-Bestellsystem, das ich im letzten Jahr gemeinsam mit dem Biolandhof Sehnenmühle zu einem Shopsystem weiterentwickelt habe. Die digitale Welt bietet enorme Möglichkeiten, sowohl regionale Produkte zu vermarkten, aber auch die Akzeptanz und Sichtbarkeit regionaler Erzeugnisse zu erhöhen.

Es geht darum, durch Präsenz das Bewusstsein der Menschen darauf zu lenken, dass sie viele Dinge des alltäglichen Lebens in hochwertiger Qualität aus ihrer Region beziehen sowie ihre Region mit dem Kauf unterstützen zu können, die Umwelt zu schützen und den Weg für eine nachhaltige, bewusste Lebensweise zu ebnen.

Und wie funktioniert das Online-Bestellsystem genau?
Man muss wissen, dass gerade kleine bäuerliche Betriebe nicht ohne Weiteres eine Bürokraft einstellen können, um ihren Kunden einen Bestell-/Auskunftsservice bieten zu können. Folglich werden diese Dinge zwischendurch erledigt, wenn gerade Zeit dafür ist und Zeit ist auf einem Bauernhof prinzipiell Mangelware.

Grundaufgabe des Bestellsystems ist es also, die Mitarbeiter in Richtung Information und Vertrieb zu entlasten. Alle Produktinformationen/ Verfügbarkeiten sind 24/7 für den Interessierten erreichbar und man muss als Kunde nicht mehr auf den glücklichen Zufall hoffen, jemanden am Telefon zu erwischen.

Zweite Aufgabe ist es die Bestellungen, die oft unsortiert in den verschiedensten Formaten per Post, Fax, E-Mail oder Telefon reinkommen, in ein einheitliches Format zu packen, um die Weiterverarbeitung der Bestellung für die Mitarbeiter zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Dies betrifft die Kommissionierung der bestellten Produkte, aber auch die Lieferung und damit einhergehende Bestellschlüsse und Abhängigkeiten, die sich durch bestimmte Produkte ergeben. An Schlachttagen, gibt es zum Beispiel abweichende Lieferzeiten/-tage. Das Bestellsystem informiert die Kunden selbstständig über die korrekten Liefertermine und verringert so zeitaufwändige Rückfragen an die Mitarbeiter.

Da die Bestelldaten nun digital vorliegen, lässt sich auch der Transfer in eine Buchhaltungssoftware realisieren, ohne alles noch einmal eintippen zu müssen.

Erkläre uns dein Vorhaben genauer. Welchen Umfang haben deine Kunden zu erwarten?
Da ich glaube, dass die Software für weitere Direktvermarkter interessant ist, habe ich mich an einem bestimmten Punkt dazu entschieden, die Software auf eigene Kosten weiterzuentwickeln und hoffe, dass sich die Investition mit einer wachsenden Zahl von Mitgliedern auszahlen wird. 

Neben einmaligen Kosten zu Anfang, wie der Einrichtung des Systems, Foto-/Pflegearbeiten, oder auch der Entwicklung eines individuellen Layouts für Bestellsystem und Webseite, läuft das System über einen Mitgliedsbeitrag, mit dem die Wartung und Weiterentwicklungen des Systems bezahlt werden. Besonderheit ist hier, dass der Mitgliedsbeitrag sich nach dem Umsatz des jeweiligen Unternehmens richtet. Finanzkräftigere Unternehmen bezahlen effektiv einen größeren Geldbetrag ein als kleine Unternehmen. Prozentual sollen alle ungefähr dasselbe bezahlen. Damit soll eine gewisse Chancengleichheit geschaffen werden. Sola möchte gerade auch neu entstehenden Projekten, die mit viel Engagement, aber wenig Kapital starten, die Möglichkeit bieten, in die digitale Welt einzusteigen.

Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft?

Jedes Mitglied ist berechtigt, Vorschläge zu Neuerungen/Erweiterungen des Systems einzubringen.

Nachdem wir die Vorschläge auf Machbarkeit und Aufwand geprüft haben, gibt es eine Abstimmung. Jedes Mitglied hat dabei dieselbe Stimmkraft. Ich möchte, dass sich die Mitgliedergemeinschaft in den Entwicklungsprozess mit einbringen kann. Letztendlich ist es die Software der Mitglieder, die ich in deren Interesse weiterentwickele.

Was bietest du darüber hinaus an?
Ich biete neben der Web-Entwicklung auch Arbeiten im grafischen Bereich an. Webdesign und Drucksachen, sowie Produktfotografie. Sowohl bei der Lehnmühle, als auch bei der Sehnenmühle habe ich die Produktbilder und zum Teil auch die Imagefotografie übernommen. Ein schöner Aspekt der Arbeit, da man so auch mit den Produkten und Menschen in Kontakt kommt und nicht nur vor dem Rechner sitzt.

Gedanklich bist du schon einen Schritt voraus und denkst an eine Vernetzung der Erzeuger, die dein Online-Bestellsystem nutzen. Wie genau sieht dieser Gedanke aus?
Die Entwicklung des Bestellsystems soll dahin gehen, dass es auch als Plattform für einen regionalen Marktplatz genutzt werden kann. Dabei geht es vor allem darum, die Sichtbarkeit regionaler Produkte zu erhöhen und besonders in Hinsicht auf Nahrungsmittel auch Wertevermittlung und Aufklärung (bäuerliche Landwirtschaft, Bioanbau, Stärkung der regionalen Strukturen) zu leisten. Im Bereich Lieferung könnte eine zentrale Plattform große Synergieeffekte verursachen. Zum Beispiel haben viele Höfe eigene Kühlfahrzeuge, die Produkte quer durch den Hunsrück fahren. Solch ein System könnte durch Vernetzung Leerfahrten verringern, den bestehenden Lieferdiensten eine höhere Auslastung verschaffen, oder sogar neue Arbeitsplätze schaffen.

Und wie nimmt man am besten Kontakt auf, wenn man ein solches System als Direktvermarkter haben möchte?
Am besten einfach anrufen oder eine E-Mail schreiben, um einen Termin zu vereinbaren. Ein erstes kurzes Telefonat ist sinnvoll, damit ich mich auf einen eventuellen Termin ein wenig vorbereiten kann. Die Termine finden dann in der Regel vor Ort bei dem Interessierten statt. Um solch ein Projekt zu stemmen, braucht es mehr Menschen, die ihre Kraft, Fähigkeiten investieren oder auch finanziell unterstützen möchten. Wer sich angesprochen fühlt und etwas beitragen möchte, ist eingeladen Teil des Ganzen zu werden. Einfach melden.
Weiter Infos können sich die Interessenten auf meiner Webseite sola-soft.de einholen.

Vielen Dank, Fabian, für die vielen Informationen!